Alm-Abtrieb in der Schweiz
Der Auftrieb vom Vieh hinauf auf die Alm und dann im Herbst wieder hinunter ins Winterquartier, das sind jedes Mal Höhepunkte im auch heute noch kargen Leben der Bergsennen. Der Almabtrieb, in der Schweiz Alpabfahrt genannt, mit den buntgeschmückten Leitkühen und dem dumpfen Geschepper der großen Kuhglocken wird – einem Volksfest gleich – bei Ankunft unten im Tal von allen Bewohnern gefeiert. Diese Schweizer Folklore zieht mancherorts sogar Besucher aus dem Ausland an, aus Deutschland werden dazu sogar Bustouren organisiert.
Auch heute ist ein unfallfreier Sommer auf der Alp ohne Viehverlust keine Selbstverständlichkeit, bei so mancher steilen Abfahrt hinunter ins Tal kommt es zu Knochenbrüchen und Abstürzen. Ganz extrem wird der jährliche Wechsel von der Hochalm hinunter ins enge, steile Tal von Onsernone nördlich des Lago Maggiore im Tessin. Von der Alp werden die Rinder und Schweine mit dem Helikopter zu Tal gebracht. Der Abstieg wäre für die Tiere durch das schmale Tal viel zu steil. Hier handelt es sich also im wahrsten Sinne um eine Alp“abfahrt“.
Nicht ganz so extrem, aber umso traditioneller geht‘s im Appenzeller Land zu. Hier werden nur die Leitkühe mit Kopfschmuck versehen. Sie tragen auch die drei mächtigen, aufeinander abgestimmten Glocken, die zusammen einen Wert von mehr als 10.000 Schweizer Franken darstellen. Umso bunter und farbenprächtiger sind Sennerinnen und Sennen ausstaffiert. Die Frauen tragen Röcke mit buntkarierten Schürzen, die Männer die typischen Appenzeller Tracht mit rotem Wams, gelber Lederhose, flachem Hut und eine kleine goldene Kuh als Ohrhänger. Den Zug führen der Ziegen-Peter und die jungen, blumenbekränzten Mädchen mit Ziegen und Schafen an, gefolgt von den Sennen und Sennerinnen mit dem Rindvieh, und am Ende werden auf dem Tenderwagen das blank gescheuerte hölzerne Butterfass und das Rüstzeug zur Herstellung des würzigen Appenzeller Käses mitgeführt. Unten im Dorf wartet bereits die Bevölkerung und hält an zahlreichen Ständen Käse und andere Appenzeller Spezialitäten bereit.
Der Kopfschmuck der Rinder und die Trachten der Älpler sind von Region zu Region verschieden. Besonders originell geht in den Bündner orten von Küblis und Seewis Anfang Oktober zu. Hier endet die Alpabfahrt mit einer ganz speziellen Älplerolympiade und einem farbenprächtigen Alpmarkt. Und im Raum Genf feiert man den Almabtrieb mit einer Kuhglockenbörse. Im Jura schließt sich an die eigentlich Alpabfahrt eine großer Umzug mit für die Region typischer Folklore und Musik statt. Und rund um Engelberg tragen die Kühe zum üblichen Blumenschmuck auch je zwei Schweizer Nationalflaggen auf dem Kopf.
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